Landesinformationen Äthiopien

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04/2019

Landesinformation: Äthiopien

Zahlen und Fakten

Äthiopien liegt im Nord-Osten Afrikas, grenzt an Eritrea, Dschibuti, Somalia, Kenia, Süd-Sudan und Sudan. Es zählt zu den ärmsten Ländern der Welt.
Amtliche Bezeichnung: Demokratische Bundesrepublik Äthiopien
Staatsoberhaupt: Frau Sahile-Work Zewde, seit Oktober 2018
Regierungschef: Dr. Abiy Ahmed Ali (EPRDF/ OPDO) seit April 2018
Parlament: Zwei Häuser: House of Peoples’ Representatives, 547 Sitze; House of Federation
als Vertretung der Ethnien, derzeit 135 Abgeordnete aus 76 Ethnien
Fläche: 1,104 Mio. km2
Einwohner: ca. 98 Mio.
Hauptstadt: Addis Abeba
Landessprachen: Amharisch, zweite Verkehrssprache Englisch; daneben über 70
gleichrangig anerkannte Regionalsprachen
Religionen: 43,5 Prozent äthiopisch-orthodoxe Christen; 33,9 Prozent Muslime; 18,6 Prozent
Protestanten; 0,7 Prozent katholische Christen; 3,3 Prozent Naturreligionen u.a.
(Stand 2014)
Quellen: http: //www.bamf.de/ https://www.auswaertiges-amt.de/de/ http://aethiopien-botschaft.de/wp-content/uploads/2018/11/20181130Mitteilung

 

Geschichte und jüngste politische Entwicklungen

Äthiopien ist das ehemalige Kaiserreich Abessinien. 1962 annektiert Äthiopien völkerrechtswidrig Eritrea, das erst 1993 wieder unabhängig wird. 1974 wird die Monarchie in Äthiopien gestürzt. Es folgt eine kommunistische Periode. 1991 führt die Rebellion einiger ethnisch unterschiedlicher Gruppen (EPRDF, TPLF, EPLF) zu einem Bürgerkrieg.
Die EPRDF etabliert sich als Regierungspartei und regiert, von 2012 an gemeinsam mit der SEPDM bis Februar 2018 diktatorisch. Durch ihre Gesetzgebung, besonders das sogenannte ‚Antiterrorgesetz‘, schränkt sie die Meinungs- und Pressefreiheit drastisch ein, ebenso wie die Religionsfreiheit. Davon sind besonders Oppositionelle, Menschenrechtsaktivisten und ethnische Minderheiten betroffen. Sie werden oft willkürlich inhaftiert, ohne Gerichtsverfahren gefangengehalten und gefoltert. Die Todesstrafe ist in Äthiopien nicht abgeschafft.
Einschränkungen – gerade für NGOs (also Nichtregierungsorganisationen) – bringt auch die ‚Charity and Society Proclamation‘ mit sich: Dieses Gesetz behindert ausländische Hilfsorganisationen, besonders weil ihnen finanzielle Mittel aus dem Ausland untersagt werden. So können sich viele NGOs nicht im Land halten. Auch Amnesty hat jahrelang keinen Vertreter im Land und recherchiert nur mit Hilfe von Flüchtlingen im Ausland.

Seit Februar 2018 hat sich die Situation geändert: Der letzte Präsident, Hailemariam Desalegn, der in den letzten beiden Jahren zwei Mal den Ausnahmezustand verhängt, tritt zurück. Sein Nachfolger, Abiy Ahmend, verfolgt von Anfang an einen Kurs, der um Liberalisierung der Verhältnisse im Land und Befriedung bemüht ist. Die massive Einschränkung der Mediennutzung wird aufgehoben, so dass Informationen frei zugänglich sind. Abiy wirbt dafür, dass verfeindete Gruppierungen innerhalb des Landes friedlich aufeinander zugehen. Und der zwischen Eritrea und Äthiopien schwelende Konflikt wird im Juli 2019 beigelegt.
Seit Abiy sein Amt angetreten hat, ist Äthiopien in Aufbruchsstimmung. Dennoch ist die Situation weiterhin auch angespannt. Konflikte im Land führen zu aktuell ca. 3 Millionen Binnenflüchtlingen. Hier eine Stellungnahme von Amnesty International.

Amnesty zur Lage der Menschenrechte

Im Rahmen ihres Reformprogramms hob die Regierung im Februar 2019 die Gesetze über zivilgesellschaftliches Engagement auf, durch die die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf freie Meinungsäußerung eingeschränkt worden waren. Die Regierung brachte außerdem einen Entwurf für ein Gesetz ins Parlament ein, das die drakonischen Antiterrorgesetze ablösen soll. Gleichzeitig waren zahlreiche Journalist_innen und andere Kritiker_innen der Regierung weiterhin von willkürlichen Festnahmen, rechtswidrigen Inhaftierungen über längere Zeiträume hinweg sowie von unfairen Gerichtsverfahren bedroht. Es kam zu einer Welle von Gewalt zwischen ethnischen Gruppen, bei dem Hunderte Menschen zu Tode kamen. Die Streitkräfte töteten mindestens neun Protestierende, unter ihnen auch Kinder.

Weitere Informationen hierzu im aktuellen Äthiopien-Bericht 2019

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Amnesty fordert, dass auf die Aufhebung des Ausnahmezustands eine Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen folgen muss (5. Juni 2018)
Die äthiopischen Behörden müssen Gerechtigkeit und Wiedergutmachung für die Menschenrechtsverletzungen sicherstellen, die während des Ausnahmezustands begangen wurden, einschließlich der willkürlichen Inhaftierung von Dissidenten, unkontrollierten Tötungen, Folter und anderer Formen von Misshandlung.
Sie müssen entscheidende Schritte unternehmen, dass solche Verletzungen sich nicht wiederholen. Die Zivilgesellschaft in Äthiopien muss durch die Reform oder Aufhebung solcher Gesetze geschützt werden, die dazu benutzt wurden, abweichende Stimmen zu unterdrücken, einschließlich der Anti-Terrorismus-Proklamation und der Ethiopian Charities and Societies Proclamation. Sie müssen die Polizeistrukturen überprüfen und durch Polizei ersetzen, die sich an die internationalen Menschenrechtsgesetze hält. Der scheinbar staatlich legitimierten Gewalt muss ein Ende gesetzt werden.
Die Forderungen zeigen, wie schwierig es für die neue Regierung sein wird, im Land Verhältnisse zu schaffen, die den Menschenrechten genügen.

Weitere Informationen zur früheren Menschenrechtslage im Äthiopien-Bericht 2017/18

 

 

10. Mai 2020